Wednesday, April 28, 2010

Verschlimmbessern III

Oder Schnapsidee

Und das kam so:
in dem beschaulichen Heidestädtchen aus dem ich stamme war das Freizeitangebot für gewöhnlich auf sportliche Aktivitäten beschränkt und so suchte man
den Kick im Mopedfahren, das es einem auch ermöglichte an den Wochenenden mit der Angebeteten in die Disco zu fahren.
Unter den Mopedfahrern gab es eine zwei Klassen Gesellschaft
die unschwer an den Nummernschilden zu erkennen war. Die Großen waren die Kleinkrafträder, mit so klangvollen Namen wie Zündapp, Herkules und Kreidler - mit absteigendem Prestige in dieser Reihenfolge. Und die Kleinen die lediglich mit einem Versicherungsschild bescheinigt waren. Der Unterschied machte sich nicht nur an dem Nummernschild fest sondern an der zulässigen Geschwindigkeit
Bei Klein endete der Geschwindigkeitsrausch mit 40 Km/h. Während
die Großen piken konnten was der Zylinder hergab. Auch gab es verschiedene Führerscheine 4 und 5 . Ich hatte die 5 und war vom Hersteller und Gesetzgeber an die 40er Grenze gefesselt.


Die Yamaha war das Fahrzeug meiner Wahl, erstanden bei Grünni in Soltau.
Das Moped war zwar nicht schneller als die andern in dieser Klasse, aber es war geländetauglich! Das hatte in dieser Gegend ( Truppenübungsplatz der Tommies)
einen gewissen Nährwert. In dem Sommer 78 hatte ich im WPK
(Wahl Pflicht Kurs) Physik teilgenommen, und auf unser Drängen wurde der Motor und der Zweitakt Motor im Besonderen behandelt. Je mehr ich über die physikalischen Gesetzte erfuhr, desto schneller wurde meine Yamaha. Paralell nahm ich auch noch am Chemiekurs teil und auch dort wurde sachdienliches unterrichtet.
Was es mit dem Octanwert auf sich hat und in welchem Brennstoff den nun am meisten Dampf steckt. Und dann kam sie, die Schnapsidee. Freund Holger
hatte einen Vater und dieser wiederun nannte die ortliche Schnapsbrennerei sein Eigen. Gelegentlich fuhr ein Tanklastzug vor die Firma Wieckhorst und pumpte reinen Alkohol in die Vorratstanks. Reiner AKLOHOL - das war die Lösung!
Ich so zu Holger: du sach mal, meinst du dein Alter würde n bischen was von dem Stoff für ein Experiment abgeben ?
Holger: was denn ? willst das tanken?
Ich so: joa
Er so: du spinnst! Damit fährst du die Karre innen Dutt.
Ich so: ausprobiern!
Er fragte seinen Vater und dieser bewilligte 1 Liter der kostbaren Flüssigkeit.
Das Experiment nahm Gestalt an. Beim Physiklehrer hatte ich noch mitbekommen,
das ein Motor um so besser läuft je mehr Gemisch im Brennraum vor der Zündung ist. Hm . Als Beispiel nannte er das Prinzip des Kompressors der bei Mercedes im Rennsport eingesetzt wurde. Kompressor war das Stichwort. Das war doch im Grunde nichts anderes als ein Föhn, nur ohne Heizdraht.......
Grübel - jaaaaa wennnn - klar ! Muttter hatte so einen Stabföhn mit dem sie immer vergeblich versucht hat mir eine Frisur zu verpassen. Schwuppdiwupp, wenn man die Heizdrähte entfernt und den Trafo auf 6V umstrickt ( hat der Nachbar gemacht) und das ganze mit Klebeband hinter den Vergaser befestigt anstatt des Luftfilters ( egal geht auch ohne) ja dann-dann hat man auch einen
KOMPRESSOR !

So hergerichtet schob ich das Moped mit leerem Tank zu Holger.
Eine kleine Gruppe kleinnummernschildriger Schicksalsgenossen war schon zugegen und wollte Zeuge des Experiments sein. Fritz kam mit dem Sprit und füllte den Tank. Die Spannung wuchs: mach schon an! Das wird nix ! Kann nicht gehn!
So waren die Kommentare.
Dann, erster Vesuch mit dem Kickstarter, und die Maschine sprang auf Schlag an!
Ich sprang auf und fuhr ortsauswärts Richtung Reinselen . Schon in der ersten Biegung bei Fridos Frittenbude hatte ich die 60 überschritten. Am Ortsschild waren es schon 100 dann eine leichte Steigung höhe Höpen und dann "bergab" eine langgezogene Kurve nach Reinsehlen. Der Dezahlmesser am Anschlag, der Tacho auf 115- WOW, DAS war Geschwindigkeit, an der Kreutzung bei Jonny Heins wollte ich wenden, aber das stellt sich als nicht einfach herraus. Als ich Gas wegnahm ging das keinesfalls mit der Verringerung der Geschwindigkeit einher - nein der Motor drehte wie die Hölle. Also bremmmmmmmsen was die Dinger hergaben und die ganze Kreuzung als Wendeplatz missbrauchen - weider zurück nach Snevern . Ein unglaubliches Gefühl war das, als ich meine eigene Schallmauer durchbrach - Weiter- immer weiter !
Aber wie immer, hatte auch dieser Spass ein Ende . Es ging mit 120 in die Stadt zurück - wenige Minuten waren bisher vergangen. Die Sekundanten standen noch auf der Einfahrt der Fa. Wieckhorst und ich konnte es mir nicht nehmen lassen diese mit Vollgas zu passieren. Unten am Markt die letzte Wende und zurück zu den Kumpels. Dort den Gang raus und den Köttmacher umgelegt - nichts geschah ( nichts war untertrieben angesichts des kreischenden Motors)
Holger : los den Schlüssel rum !
es kreischte weiter
Holger : den Zündkerzenstecker runter !
es kreischte immer noch
Fritz : fahr an die Wand und würg sie ab !
Ruhe!

Was war geschehen ?
Im Nachgang stellte sich folgendes herraus:
Wir schraubten die Zündkerze raus und stellten fest - es war keine mehr!
Sie hatte die wundersame Metamorphose zu einer Glühkerze durchgemacht und war somit der Grund warum der Motor immer weiterlief.
Ich hatte die Erfindung des 2Takt Benziners gemacht !
Naja eigentlich müsste es heissen : 2Takt Alkoholiker.....
Und die Folgen ?
Pleuel blau
Kolben angeschmolzen
Kopfdichtung ( was für eine Kopfdichtung?)
Es war ein willkommener Anlass mir einen Tuning Kit von der Fa. Häuser zu kaufen,
aber davon ein andernmal mehr

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