Thursday, October 08, 2009

Das sollte zu Denken geben !

Essen wir uns dumm?

Quelle:
Klaus Buttinger: Der Darm denkt.
OÖNachrichten vom 6.09.2003
WWW: http://www.nachrichten.at/
magazin/wochenende/208970 (03-09-07)

25 Watt Energie verbraucht unser Gehirn, so viel wie eine kleine Glühbirne. Zucker ist sein Treibstoff, 10.000 Hormone und Botenstoffe steuern den Denkapparat. Chemikalien aus industriell produzierter Nahrung werfen zunehmend Steine ins Hirngetriebe. Und so ist der Mensch, was er isst.

Professor Michael Crawford, Direktor des Instituts für Gehirnchemie und Menschliche Ernährung an der Universität von Nord-London, stellt nahezu Unglaubliches trocken fest: "Die Kapazität des menschlichen Gehirns nimmt nicht mehr länger zu, sondern tatsächlich ab." Von Indien über Russland, Polen und Tschechien wird mentale Unterentwicklung gemessen. In einigen Regionen Brasiliens ist in den letzten dreißig Jahren schon das Schrumpfen der durchschnittlichen Gehirngröße zu beobachten gewesen. Auch in den industrialisierten Ländern geht die Geistesleistung messbar zurück. Für den Sachbuchautor und ehemaligen Spiegel-Journalisten Hans-Ulrich Grimm bilden solche Puzzleteile ein großes Bild: "Die Qualität unserer industriell hergestellten Nahrung sinkt, zugleich schaden Zusatzstoffe und hirngängige Chemikalien unserem Denkorgan."

Verstand kontra Chemie

In seinem neuen Buch „Die Ernährungslüge" (Droemer-Verlag) hat Grimm mehr als nur Indizien zusammengetragen, die den Zusammenhang zwischen Essen und Denken klar belegen.

"Das Essen ist von so alltäglicher Natur, dass seine zentrale Bedeutung bisher übersehen worden ist", zitiert Grimm den eingangs erwähnten Gehirnspezialisten Crawford und fragt sich: "Mampft sich der Mensch zurück in die Steinzeit?"

Jean Carper, US-amerikanische Ernährungsspezialistin: ?Wie wir inzwischen wissen, reagiert gerade das Gehirn besonders sensibel auf Stoffe aus der Nahrung." Beispiel Omega-3-Fettsäuren: Sie sind für das Gehirn lebensnotwendig, aber in der Lebensmittelindustrie unerwünscht, weil sie nicht so haltbar sind, wie die Supermarktketten sich das wünschen. "Wenn wir zu wenig Omega-3-Fettsäuren zu uns nehmen, sind die Folgen verheerend", sagt Crawford. "Die Kapazität des Gehirns nimmt nicht mehr zu, sondern ab." Was statt den mehrfach ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3 verzehrt wird, sind jedoch ungesunde Fette, etwa in Fast-Food. 80 Prozent der US-Amerikaner sind hinsichtlich Omega-3-Fettsäuren unterversorgt.

"Die weitreichendsten Auswirkungen haben vermutlich die in riesigen Mengen eingesetzten Zusatzstoffe in Lebensmitteln", schreibt Grimm. Die Zitronensäure beispielsweise, die in zahlreichen Lebensmitteln und auch Süßigkeiten enthalten ist - von Rama über Fanta bis hin zu Haribo-Gummibärchen -, könne die Aufnahme von Aluminium im Gehirn fördern. Und damit das Alzheimer-Risiko erhöhen.

Als besonders problematisch gilt der so genannte Geschmacksverstärker Glutamat. Zahlreiche Wissenschaftler halten Glutamat in Überdosis für ein Nervengift, etwa der Heidelberger Neurowissenschafter und Alzheimer-Spezialist Konrad Beyreuther. Es führe zur Zerstörung von Nervenzellen und könne daher bei Alzheimer, Parkinson und der multiplen Sklerose eine unheilvolle Rolle spielen. 1,5 Tonnen werden alljährlich davon weltweit abgesetzt. Der mit Glutamat chemisch verwandte Süßstoff Aspartam ("Nutra Sweet", Coca-Cola Light) wirke in großen Mengen auf ähnliche schädliche Weise.

Andrew Stoll, Direktor des pharmakologischen Forschungslabors am McLean Hospital in Belmont (Massachusetts), meint, dass „die gewaltigen Veränderungen in unserer Ernährung zu den steigenden Raten psychiatrischer Erkrankungen in der westlichen Welt beigetragen haben".

Autismus und Essen

Autismus sei z. T. eine besondere Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit, vermuten Experten. Das habe zur Folge, dass im Körper bestimmte Stoffe entstehen, die wie Drogen wirkten. So genannte Peptide versetzen das Gehirn in Aufruhr - und verursachen zudem ein geradezu suchtartiges Verlangen nach diesem schädlichen Stoff. Erzeugt werden sie im Verdauungstrakt, ins Gehirn gelangen sie etwa durch das sich ausbreitende ?Löchriger-Darm-Syndrom". Das wiederum kann durch Krankheiten entstehen als auch durch Nahrungsmittelzusätze, wie im Fertig-Kartoffelpüree. Eine Vermeidungsdiät führe laut Studien bei 81 Prozent der autistischen Kinder zu "bemerkenswerten Fortschritten".

Auch bei der Schizophrenie, Hyperaktivität, beim Tourette-Syndrom und bei Depressionen spielen chemische Übertragungsmechanismen eine Rolle. Und oft können veränderte Essgewohnheiten die Symptome beeinflussen.

Schadstoff im Essen

"Bei den vielen Chemikalien, die der industriell produzierten Nahrung zugesetzt werden, genügen winzige Mengen, um die Hirntätigkeit zu beeinflussen", so Grimm: "Siehe LSD. Da genügen acht bis zehn Moleküle, und das Hirn spielt verrückt."

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt auch deshalb, Schadstoffe im Essen zu minimieren, um so "das Risiko für Hirnschäden bei Kindern zu verringern, die indirekt zu Jugendgewalt führen können".

Grimm: "Schön wäre es, wenn 5-Minuten-Terrinen glücklich machen würden und Packerlsuppen klug. Noch sieht es allerdings eher so aus, als ob die Erzeugnisse der Nahrungsmittelindustrie den Menschen - bei wachsender Beliebtheit - zunehmend auf den Geist gehen."

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